Steuern und sonstige Gebühren müssen im Flugpreis gesondert angeben werden
Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, die im Flugpreis enthaltenen Steuern, Gebühren und Zuschläge gesondert auszuweisen. Zudem dürfen nationale Gerichte die von den Luftfahrtunternehmen verlangten Stornierungsgebühren auf Missbräuchlichkeit hin überprüfen und ggf. für nichtig erklären. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 6. Juli 2017 (Az.: C-290/16).
Klage des Verbraucherverbandes gegen Air Berlin
Der EuGH hatte sich in diesem Fall mit einem Rechtsstreit zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und der Fluggesellschaft Air Berlin zu befassen. Das Luftfahrtunternehmen hatte auf seiner Website bei den Flugbuchungskosten nur wenige Euro für Steuern und Gebühren ausgewiesen, obwohl die von der Fluggesellschaft an den jeweiligen Flughäfen geschuldeten Beträge tatsächlich deutlich höher waren. Zudem war in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens eine Klausel enthalten, nach welcher die Fluggesellschaft bei Stornierung eines Fluges ein pauschales Bearbeitungsentgelt von 25,00 Euro einbehalten durfte. Nach Ansicht des Verbraucherverbandes verstoße die Preisgestaltung auf der Website gegen die Regeln der Preistransparenz und führe die Verbraucher in die Irre. Zudem würden die Fluggäste durch die pauschalen Stornogebühren unangemessen benachteiligt.
Der Verbraucherverband verklagte Air Berlin daher vor dem Landgericht Berlin auf Unterlassung. Das Gericht gab der Klage statt, wohingegen die Fluggesellschaft zunächst in Berufung vor das Kammergericht und anschließend in Revision vor den Bundesgerichtshof zog. Dieser legte schließlich dem EuGH diesbezüglich mehrere Rechtsfragen zur nun getroffenen Vorabentscheidung vor.
Bundesgerichtshof ruft EuGH zur Vorabentscheidung an
Der Bundesgerichtshof war – wie der klagende Verbraucherverband – der Auffassung, dass die pauschalen Stornogebühren in den AGB von Air Berlin die Kunden unangemessen benachteiligen.
In derartigen Fällen kann ein Gericht eine AGB-Klausel grundsätzlich für unwirksam erklären. Unklar war vorliegend aber, ob eine Entscheidung über die Unwirksamkeit gegen europäisches Recht verstoßen würde. Gem. Art. 22 Abs. 1 der EU Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft wurde nämlich den Fluggesellschaften eine sog. „Preisfreiheit“ bei Flugpreisen eingeräumt. Danach können Fluggesellschaften über Preismodelle grds. frei entscheiden. Zudem war fraglich, ob Fluggesellschaften nach der o.g. EU-Verordnung auch verpflichtet sind, bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise Steuern und Gebühren in der tatsächlich entstehenden Höhe auszuweisen. Der Bundesgerichtshof legte diese Rechtsfragen daher dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) entscheidet der EuGH auf Vorlage eines nationalen Gerichts im Wege der Vorabentscheidung unter anderem über die Gültigkeit und Auslegung von Europäischem Sekundärrecht, zu welchem auch die oben genannte Verordnung gehört. Stellt sich einem nationalen Gericht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens eine entsprechende Auslegungsfrage von europäischem Recht, kann bzw. muss es sein Verfahren vorrübergehend aussetzen und die Frage vorab zur Entscheidung dem EuGH vorlegen.
EuGH stärkt Rechte der Fluggäste
Die Richter des Europäischen Gerichtshofs legten das Gesetz zu Gunsten des klagenden Verbraucherverbandes aus. Die europäischen Vorgaben zur Freiheit von Fluggesellschaften bei der Festlegung von Flugpreisen stünden den nationalen Vorschriften zum Schutze der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln in AGB nicht entgegen. Die nationalen Gerichte können also entsprechende AGB-Klauseln der Fluggesellschaften bezüglich pauschalisierter Stornogebühren für nichtig erklären.
Zudem seien die Fluggesellschaften auch verpflichtet, dem Kunden die Steuern, Flughafengebühren, Zuschläge und sonstige Gebühren bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise gesondert auszuweisen. Diese Gebühren dürften demnach nicht in den Flugpreis miteinbezogen werden. Eine andere Auslegung sei mit dem von der EU-Verordnung verfolgten Ziel der Information und Transparenz in Bezug auf die Flugpreise nicht zu vereinbaren.
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