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Telekommunikationsbetreiber, die Dritten den Zugang ins Internet ermöglichen, können grundsätzlich – unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips – aufgrund von Dritten begangenen Rechtsverstößen, insbesondere bei Verstößen gegen das Urheberrecht, als Störer in Anspruch genommen werden. Dies hat der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen entschieden (BGH Urt. v. 26.11.2015, Az. I ZR 3/14 und I ZR 174/14).
In dem ersten Verfahren klagte die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) gegen ein Telekommunikationsunternehmen, das ihren Kunden den Zugang zum Internet anbot, wobei die Kunden auch Zugang zu der Webseite „3dl.am“ erhielten. Über diese Webseite war es möglich durch Weiterleitung über verschiedene Links urheberrechtlich geschützte Werke herunterzuladen. Die GEMA klagte hierbei auf Unterlassung. Die Klage wurde zunächst vor dem Landgericht Hamburg erhoben, wo sie allerdings abgewiesen wurde (LG Hamburg, Urt. v. 12.03.2010, Az. 308 O 640/08). Die daraufhin erhobene Berufung wurde vom Oberlandesgericht Hamburg zurückgewiesen (OLG Hamburg, Urt. v. 21.11.2013, Az. 5 U 68/10).
Die Konstellation, die sich im zweiten Verfahren abspielte, ähnelt überwiegend der zuvor oben genannten Fallgestaltung. Bei den Klägern dieses Verfahrens handelte es sich um Tonträgerhersteller, die gegen die Betreiberin eines Telekommunikationsnetzes vorgingen. Dieser stellte seinen Kunden unter anderem den Zugang zur Internetseite „goldesel.to“ zur Verfügung. Auf dieser Seite konnten die Kunden ebenfalls auf urheberrechtlich geschützte Musikwerke zugreifen und diese herunterladen. Hier wurde zunächst Klage vor dem Landgericht Köln erhoben, die allerdings abgewiesen wurde (LG Köln, Urt. v. 31.08.2011, Az. 28 O 362/10). Die Berufung wurde vom Oberlandesgericht Köln ebenfalls zurückgewiesen (OLG Köln, Urt. v. 18.07.2014, Az. 6 U 192/11).
Die Kläger beider Verfahren verfolgten ihr Begehren nach den erfolglos gebliebenen Berufungsverfahren mit der Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) weiter.
Der BGH führte zu beiden Verfahren aus, dass als Störer grundsätzlich derjenige haftet, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines Rechtsguts beiträgt.
Im vorliegenden Fall handele es sich um die Verletzung von absoluten Rechtsgütern in Form von Urheberrechten. Durch die Zurverfügungstellung des Internetzugangs tätige ein (Telekommunikations-)Unternehmen zu einer dadurch möglich gewordenen Urheberrechtsverletzung einen adäquat-kausalen Beitrag, da die Rechtsverletzung durch einen Dritten nicht möglich gewesen wäre, wenn dieser den Internetzugang nicht erhalten hätte.
Allerdings müsse in solchen Fällen stets eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Vor der Inanspruchnahme des Störers, müssen die Inhaber der Urheberrechte gegen diejenigen Beteiligten vorgehen, die einen unmittelbaren Tatbeitrag zu der Rechtsverletzung getätigt haben. Zunächst müsse also beispielsweise versucht werden gegen den Betreiber der Internetseiten auf der das Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Inhalten möglich ist (hier 3dl.am und goldesel.to) oder gegen die Nutzer, die die Dateien heruntergeladen haben, vorzugehen. Insgesamt müssen alle zumutbaren Anstrengungen vorgenommen werden, um die Durchsetzung der aus der Urheberrechtsverletzung resultierenden Ansprüche zu realisieren. In Fallkonstellationen, in denen der die Verletzung begangene Dritte unbekannt ist, müssen zunächst Anstrengungen hinsichtlich der Identitätsfeststellung unternommen werden. Hierbei sei es zumutbar unter anderem die Hilfe eines Detektivs in Anspruch zu nehmen. Erst wenn alle Anstrengungen erfolglos geblieben sind, scheint die Inanspruchnahme des Störers geboten. Insoweit lässt sich sagen, dass die Störerhaftung als subsidiär angesehen wird.
Der BGH stützte sich auf die oben beschriebenen Ausführungen und wies in beiden oben genannten Verfahren die Revision, mangels von den Klägerinnen angestellter Anstrengungen die Identität der Internetseitenbetreiber festzustellen, zurück.
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