Bei einem Messestand handelt es sich um einen beweglichen Gewerberaum der Anbieterin. Deshalb steht einem Käufer auf einer Messe kein Widerrufsrecht zu, über welches er belehrt werden müsste.
Dies entschied jüngst das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Urteil vom 22.10.2015 (Az.: 14 O 176/15). Geklagt hatte ein Messebesucher gegen eine Ausstellerin auf einer großen Berliner Messe. Diese hatte dem Kläger an ihrem Messestand, welcher laut Lageplan im Messebereich „Haustechnik“ lag, einen Dampfstaubsauger verkauft. Von diesem Kaufvertrag wollte sich der Kläger allerdings wieder lösen, indem er behauptete, die Ausstellerin habe ihn nicht ausreichend über ein etwaiges Widerrufsrecht belehrt.
In Betracht kam hier ein Widerrufsrecht des Käufers nach den Vorschriften über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gemäß §§ 312g Abs.1; 312b; 355 Abs.1, Abs.2 BGB. Verkauft ein Unternehmer einem Verbraucher danach Leistungen außerhalb seiner Geschäftsräume, kann der Verbraucher den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zudem muss der Unternehmer den Verbraucher über dieses Widerrufsrecht gemäß §§ 312d Abs.1 BGB; Artikel 246a EGBGB belehren, andernfalls erhöht sich die Widerrufsfrist des Verbrauchers gemäß § 356 Abs.3 S. 2 BGB auf zwölf Monate und 14 Tage. Fänden diese, den Verbraucher schützenden, Vorschriften Anwendung auf den Kaufvertrag an dem Messestand, hätte der Käufer den Vertrag also auch noch nach Ablauf von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen können.
Dafür dürfte ein Messestand allerdings keinen Geschäftsraum im Sinne von § 312b BGB darstellen. Geschäftsräume sind gemäß § 312b Abs.2 S.1 BGB „[…] bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt“. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Verbraucher am Ort des Geschäfts mit dem Auftreten des Unternehmers rechnen muss oder ob er von diesem überrumpelt wird.
Der Kläger hatte dazu vorgetragen, dass ein Messebesucher nicht mit dem Verkauf eines Dampfstaubsaugers rechnen würde. Ein Verbraucher erwarte unter dem Begriff „Haustechnik“ keine Reinigungsgeräte, zumal in derselben Messehalle auch noch Stände aus dem Bereich „Haus und Garten“ aufgestellt waren. Des Weiteren wolle ein Messebesucher nichts kaufen, sondern sich lediglich über Landwirtschaft und Ernährung informieren, Pflanzen und Tiere bestaunen sowie Getränke und Lebensmittel konsumieren. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bei einer Messe, welche nur einmal im Jahr 9 Tage lang stattfindet, der Besucher praktisch nur die Möglichkeit habe, ohne ausreichende Überlegungszeit ein Kaufangebot sofort anzunehmen oder ganz vom Kauf abzusehen. Die verbraucherschützenden Vorschriften über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sollten somit auch hier Anwendung finden.
Das Oberlandesgericht folgte dieser Argumentation nicht. Bei einer so großen Messe könne auch einem Besucher, der das betreffende Warenverzeichnis nicht kennt, die Spannweite der angebotenen Waren nicht entgehen. Somit müsse er damit rechnen, dass unter dem Segment „Haustechnik“ auch Reinigungsgeräte zu finden sind. Zudem sei es auch nicht überraschend, dass Produkte nicht nur ausgestellt, sondern auch zum Verkauf angeboten werden. Der Messebesucher befände sich letztendlich in keiner anderen Lage als ein Verbraucher, der bei einem Einkaufsbummel durch ein Kaufhaushaus in eine Abteilung gerät, welche er ursprünglich nicht im Sinn hatte. Auch der Umstand, dass Verbraucher die Messe oft nur an einem einzelnen Tag besuchen und insofern nur eine kurze Zeitspanne zum Kauf zur Verfügung haben, stelle keine Besonderheit des Verkaufsangebots dar und setze einen Käufer nicht unangemessen unter Druck. Insofern stehe einem Messebesucher nicht der besondere Schutz der Vorschriften über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zu. Folglich stand dem Kläger auch kein Recht zum Widerruf des Kaufvertrages zu, über welches er hätte belehrt werden müssen.
Verkaufsmessen sind regelmäßig mit interessanten rechtlichen Fragestellungen verbunden. Falls auch Sie diesbezüglich Fragen haben, stehen unsere Anwälte Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung!