Eine Fährverbindung stellt in der Regel keine Pauschalreise dar, selbst dann nicht, wenn neben der Fahrzeugmitnahme eine Kabine gebucht ist. Dies entschied das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 30.06.2016.
Geklagt hatte ein Fährgast gegen einen Automobilclub aus München. Bei diesem Club hatte er die Fährpassage von Genua nach Tunis gebucht. Vereinbart war die Beförderung des Klägers und dessen Pkws, sowie eine Kabinenübernachtung zum Preis von 626,40 Euro. Als der Kläger zum vereinbarten Abfahrtstermin in Genua ankam, stellte er allerdings fest, dass die Abfahrt der Fähre vorverlegt worden war, weshalb er die Abfahrt bereits bei seiner Ankunft verpasst hatte. Dass die Abfahrt der Fähre vorverlegt worden war, war weder dem Kläger noch dem beklagten Automobilclub bekannt. Da die nächstmögliche Fährfahrt erst vier Tage später möglich war, der Kläger aber schon vorher zu einer Familienfeier in Tunis eingeladen war, fuhr er mit seinem PKW erst zurück nach München und nahm dann von dort einen Flug nach Tunis. Dafür machte er gegen den Automobilclub eine Reihe von Schadensersatzansprüchen geltend, unter anderem für die Kosten der Fährpassage, Kosten für nutzlos verbrauchte Urlaubstage und Fahrtkosten samt Autobahnvignetten. Der Automobilclub war dagegen nur bereit die Kosten für die Fähre zu erstatten.
Grundsätzlich haben Reisende bei Reisemängeln gemäß den §§ 651a ff BGB diverse Ansprüche wie z.B. Schadensersatz oder das Recht zur Reisepreisminderung gegen ihren Reiseveranstalter, welcher weitreichende Sorgfalts- und Informationspflichten zu erfüllen hat. Wäre der Automobilclub hier als Reiseveranstalter einer Pauschalreise anzusehen, hätte er wohl gegen diese Pflichten verstoßen und wäre folglich zum Schadensersatz verpflichtet.
Das Gericht entschied allerdings, dass der Kläger und der Automobilclub mit der Vereinbarung über die Fährverbindung keine Pauschalreise geschlossen haben. Dem würde auch nicht entgegenstehen, dass der Kläger eine Fährkabine gebucht habe. Bei einer Fährverbindung stehe nämlich unabhängig von einzelnen Leistungen der Transport von A nach B im Vordergrund. Ein besonderer Erholungswert oder sonstige, eine Reise auszeichnenden Eigenschaften, lägen nicht vor. Bei dem Fährvertrag habe es sich um einen eigenständigen Beförderungsvertrag zwischen Passagier und Fährunternehmen gehandelt, für welchen der Automobilclub lediglich als Vermittler tätig geworden sei. Es liege in aller Regel auf der Hand, dass ein Reisebüro lediglich vermittelnd tätig werde, wenn von Vornherein mangels Bündelung von Einzelleistungen kein Pauschalreisevertrag in Betracht komme. Da der Automobilclub hier – nach Ansicht des Gerichts – lediglich als Vermittler aufgetreten ist, habe er auch nicht gegen die Pflichten eines Reiseveranstalters verstoßen können. Folglich stünden dem Kläger auch keine Schadenersatzansprüche zu.
Diese Entscheidung zeigt sehr deutlich, welch weitreichende Folgen die Einstufung als Reiseveranstalter oder als bloßer Reisevermittler auf die Ansprüche der Reisenden haben kann. Diese Frage gewinnt vor allem aktuell vor dem Hintergrund der Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie enorme Aktualität und Brisanz. Falls auch Sie Fragen zu diesem höchst aktuellen Thema haben, helfen unsere Anwälte Ihnen gerne jederzeit. Kontaktieren Sie uns!