Ein Reiseveranstalter haftet auch für eine vor Ort gebuchte Zusatzleistung der Reise, wenn er nach dem Gesamteindruck nicht bloß als Vermittler auftritt. Will er die Zusatzleistung lediglich als eine Fremdleistung vermitteln, muss er den Reisenden deutlich und unmissverständlich darauf hinweisen. Dies entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12.01.2016 (Az.: X ZR 4/15).
Geklagt hatten mehrere Reisende gegen ihren Reiseveranstalter. Sie hatten bei diesem eine Pauschalreise nach Bulgarien gebucht. Vor Ort angekommen, erhielten sie im Hotel eine mit dem Logo des Veranstalters versehene Begrüßungsmappe. Darin befand sich unter der Überschrift „Ihr Ausflugsprogramm“ eine Liste, in der unter anderem eine Geländewagen-Tour aufgeführt war. Die Liste enthielt am Ende die fettgedruckte Aufforderung „Reservieren Sie bei Ihrer Reiseleitung!“. Zwei Absätze darüber befand sich hingegen der Hinweis, dass der Veranstalter lediglich als Vermittler für die, von einer örtlichen Agentur organisierten, Ausflüge fungiere, und diese auch per SMS oder E-Mail reserviert werden könnten.
Die Kläger buchten daraufhin die Geländewagen-Tour beim Reiseleiter des beklagten Reiseveranstalters. Während der Tour kam es allerdings zu einem Unfall, in dessen Folge die Kläger verletzt wurden. Sie verlangten nun Schmerzensgeld vom Reiseveranstalter gemäß § 651f BGB. Dieser wendete ein, er wäre gar nicht der Veranstalter für die Geländewagen-Tour gewesen, sondern hätte lediglich als Vermittler fungiert. Er wäre somit auch nicht für die Tour haftbar.
Grundsätzlich ist ein Reiseveranstalter für eine von ihm mangelhaft erbrachte Reiseleistung haftbar. Problematisch war in diesem Fall allerdings, ob die Tour noch als eine vom Veranstalter geschuldete Reiseleistung anzusehen war, oder ob der Veranstalter sich durch den Hinweis, für die Tour lediglich als Vermittler zu fungieren, in ausreichender Weise aus der Haftung genommen hatte.
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Kläger für eine Haftung des Reiseveranstalters. Ob ein Reiseveranstalter, welcher seinen Kunden im ursprünglichen Reisevertrag nicht vereinbarte Leistungen am Urlaubsort zur Verfügung stellt, diese Leistungen als eigene anbietet oder lediglich als Vermittler auftritt, hänge von dem Gesamteindruck ab, den der Reiseveranstalter durch sein Verhalten erwecke. Es kennzeichne einen Reisevertrag, dass der Reiseveranstalter die Reise als Gesamtheit von Reiseleistungen gerade selbst erbringe. Erweckten zudem Informationen und Erläuterungen des Reiseveranstalters den Eindruck, er selbst stehe hinter der Organisation der Leistungen, habe hierauf zumindest maßgeblichen Einfluss oder sei Ansprechpartner bei Mängelrügen, deute dies regelmäßig auf eine verantwortliche Stellung als Veranstalter der Leistung hin. Entsteht dieser Eindruck, muss der Reiseveranstalter, will er der Veranstalterstellung entgehen, umso deutlicher und unmissverständlich auf seine bloße Vermittlerrolle hinweisen.
Im vorliegenden Fall sah der Gerichtshof den Hinweis des Reiseveranstalters, lediglich als Vermittler zu fungieren, in einer Begrüßungsmappe, welche sowohl das Logo als auch die fettgedruckte Aufforderung zur Buchung beim Reiseleiter des Veranstalters enthielt, als nicht ausreichend an. Somit blieb der Reiseveranstalter auch für die Geländewagen-Tour in seiner Veranstalterrolle und war folglich auch für die Schmerzensgeldansprüche der Reisenden haftbar.
Diese Entscheidung zeigt sehr deutlich, wie schnell ein Reiseveranstalter für Leistungen, die er nur vermitteln möchte, haftbar gemacht werden kann. Vor diesem Hintergrund ist die richtige Kommunikation nach Außen sehr wichtig, um einer Haftung zu entgehen. Sind auch Sie Reiseveranstalter und haben Fragen zu möglichen Haftungsfragen!? Unsere Anwälte sind auf Fragen des Reiserechts spezialisiert und stehen Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung! Kontaktieren Sie uns.