Werden auf einer Website Hyperlinks zu anderen Websites gesetzt, auf welchen urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis des Urhebers veröffentlicht wurden, stellt dies keine „öffentliche Wiedergabe“ der Werke dar, wenn es ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke geschieht. Werden diese Hyperlinks dagegen mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt, ist eine etwaige Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Inhalte auf der anderen Website zu vermuten. Dies entschied der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 08.09.2016 (Az.: C-160/15).

Streit um die Veröffentlichung von Playboy-Fotos

Dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof vorrausgegangen war ein Rechtsstreit zwischen dem Betreiber der niederländischen Website Geenstijl und der Verlegerin der Monatszeitschrift Playboy. Auf der Website, welche zu den meistbesuchten Nachrichten-Websites der Niederlande gehört, wurde in einem Artikel ein Hyperlink zu einer australischen Website angeboten, auf welcher Playboy-Fotos zugänglich waren. Diese Fotos waren dort allerdings ohne Genehmigung der Playboy-Verlegerin als Inhaberin der Urheberrechte veröffentlicht worden. Diese forderte die niederländische Website zunächst erfolglos auf, den Hyperlink zu den Fotos zu entfernen. Allerdings gelang es ihr, die Fotos von der australischen Website entfernen zu lassen, sodass der dahinführende Link auf der niederländischen Website insofern nutzlos wurde. Daraufhin wurde auf Geenstijl allerdings kurzerhand ein neuer Artikel mit einer neuen Verlinkung zu einer anderen Website, auf welcher die Fotos ebenfalls zu sehen waren, hochgeladen. Nachdem die Playboy-Verlegerin auch auf dieser Website die Löschung der Fotos erwirkte, wurden von Geenstijl-Nutzern neue Links zu weiteren Websites mit den Fotos gesetzt. Die Verlegerin verklagte daraufhin den Betreiber von Geenstijl wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte an den Fotos.

Urheberrechtsschutz bei öffentlicher Wiedergabe eines Werkes

Der mit der Sache befasste Oberste Gerichtshof der Niederlande hatte somit zu prüfen, ob die niederländische Website durch das wiederholte Setzen von Hyperlinks zu den Fotos auf anderen Websites die Verlegerin in ihren Urheberrechten an den Fotos verletzt hat. Grundsätzlich verpflichtet die EU-Richtlinie 2001/29/EG (Urheberrechtsrichtlinie) die Mitgliedstaaten zum weitreichendem Schutz von Urheberrechten in der Informationsgesellschaft. In Deutschland finden sich diese Vorgaben in dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) wieder, welches zahlreiche Abwehr- und Entschädigungsansprüche des Urhebers vorsieht. Die EU-Richtlinie schreibt unter anderem vor, dass jede Handlung der öffentlichen Wiedergabe eines Werkes vom Urheberrechtsinhaber erlaubt werden muss. Fraglich war im konkreten Fall allerdings, ob eine Verlinkung zu den nicht vom Urheber genehmigten Inhalten anderer Websites eine öffentliche Wiedergabe dieser Inhalte darstellt. Wäre dies der Fall, wäre die klagende Verlegerin als Urheberin an den Fotos durch die Verlinkung in ihren Rechten verletzt. Der Oberste Gerichtshof der Niederlande reichte diese Fragestellung im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens an den Europäischen Gerichtshof weiter. Die Niederländischen Richter gaben dabei zu bedenken, dass im Internet häufig Werke ohne Zustimmung des Rechtsinhabers veröffentlicht werden würden und es für den Betreiber einer Website nicht immer einfach sei, das Vorhandensein einer Veröffentlichungs-Genehmigung des Urhebers zu überprüfen.

EuGH stellt auf die Gewinnerzielungsabsicht ab

Die Richter des Europäischen Gerichtshofs betonten in ihrer Entscheidung zunächst, dass die Richtlinie einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheberrechtsinhaber einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer, insbesondere deren Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit, sowie dem Gemeinwohl andererseits sicherstellen solle. Für die Auslegung des Begriffes der öffentlichen Wiedergabe sei somit eine individuelle Beurteilung erforderlich, in deren Rahmen auf die Kriterien der Vorsätzlichkeit des Handelns, des Grades der Öffentlichkeit sowie des Vorhandenseins von Erwerbszwecken abzustellen sei. Beim Setzen von Hyperlinks sei zu beachten, dass diese bedeutend zum Meinungs- und Informationsaustausch im Internet beitragen würden und es sich für Einzelpersonen als schwer erweisen könne, die Urheberrechtspositionen bei Veröffentlichungen auf anderen Websites zu überprüfen. Bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht beim Setzen der Links müsse somit berücksichtigt werden, dass der Betreffende vernünftiger Weise nicht wissen könne, ob ein Werk im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde. Insofern sei somit beim Setzen von Hyperlinks mit fehlender Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig nicht von einer öffentlichen Wiedergabe auszugehen. Etwas Anderes müsse allerdings gelten, wenn erwiesen ist, dass der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Hyperlink Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichtem Werk verschafft. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der Betreffende vom Urheberrechtsinhaber darauf hingewiesen wurde oder der Link den Nutzern die Umgehung von beschränkenden Maßnahmen auf der anderen Website ermöglicht. Des Weiteren könne aber auch von demjenigen die Vornahme von erforderlichen Nachprüfungen zur Urheberschaft erwartet werden, der das Setzen von Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt. Bei Vorhandener Gewinnerzielungsabsicht sei daher zu vermuten, dass der Setzer eines Hyperlinks in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werkes und der etwaig fehlenden Veröffentlichungs-Erlaubnis durch den Urheber handele. In diesen Fällen sei somit, solange die Vermutung nicht widerlegt wird, von einer öffentlichen Wiedergabe der Inhalte auszugehen. Im vorliegenden Fall bestehe somit wegen der Gewinnerzielungsabsicht der niederländischen Website die Vermutung, sie habe beim Setzen der Hyperlinks die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Fotos gekannt. Da sie bereits von der Verlegerin als Urheberrechtsinhaberin auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen worden war, könne sie diese Vermutung auch nicht widerlegen. Es sei somit (vorbehaltlich der vom Niederländischen Gericht vorzunehmenden Prüfung) davon auszugehen, dass die Website durch das Setzen der Links eine öffentliche Wiedergabe der geschützten Inhalte vorgenommen und die Verlegerin somit in ihren Urheberrechten verletzt habe.

Im Internet finden tagtäglich zahlreiche Urheberrechtsverletzungen statt, die allerdings keinesfalls geduldet werden müssen. Falls Sie Fragen zu diesem Fall oder allgemein zum Urheberrecht haben, stehen unsere Anwälte Ihnen gerne jederzeit beratend zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns!

 

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