Bei der Berechnung der für die Höhe der Entschädigung für einen Flugausfall oder eine Flugverspätung maßgeblichen Entfernung eines Fluges ist auch bei einer Flugverbindung mit mehreren Teilstrecken ausschließlich auf die Distanz vom Start zum Endziel abzustellen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) jüngst in seinem Urteil vom 7. September 2017.
Kläger verpassten Anschlussflug
In dem Rechtsstreit hatten drei Passagiere aus Hamburg gegen ihre Fluggesellschaft auf Zahlung einer Entschädigung geklagt. Die Kläger hatten einen Flug von Rom über Brüssel nach Hamburg gebucht. Bereits der Flug von Rom nach Brüssel verspätete sich, sodass die Kläger ihren Anschlussflug nach Hamburg verpassten. Erst mit einem ersatzweise gebuchten Flug erreichten Sie ihr Endziel Hamburg mit einer Verspätung von insgesamt über drei Stunden. Für diese Verspätung begehrten die Passagiere auf Grundlage der Fluggastrechte-Verordnung jeweils 400,- Euro von der Fluggesellschaft, welche sich jedoch nur zur Zahlung von jeweils 250,- Euro bereit erklärte. Die Fluggäste erhoben daraufhin eine Klage vor dem Amtsgericht Hamburg.
Entschädigungen nach der Fluggastrechte-VO
Grundsätzlich steht Passagieren bei Annullierungen oder großen Verspätungen ihrer Flüge ein Recht auf Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu. Gemäß der Fluggastrechte-VO steht den Passagieren im Regelfall eine Entschädigung von bis zu 600,- Euro pro Person zu, welche allerdings in der Höhe abhängig von bestimmten Faktoren wie etwa der Länge der Flugstrecke ist. Genau diese Länge der Flugstrecke war im vorliegenden Fall allerdings zwischen den Parteien streitig.
Während die Klägerseite die Auffassung vertrat, bei der Berechnung der Flugstrecke seien die beiden Teilstrecken des Fluges zusammen zu rechnen und somit auf die tatsächlich zurückgelegte Flugstrecke abstellten, argumentierte die Fluggesellschaft damit, dass lediglich die Distanz vom Start (Rom) zum Endziel (Hamburg) für die Länge des gesamten Fluges entscheidend sei. Die Art der Berechnung war im vorliegenden Fall für die Höhe der Entschädigung von entscheidender Bedeutung, da lediglich bei einer Addition der beiden Teilstrecken zwischen Rom und Brüssel sowie Brüssel und Hamburg mit einer Strecke von insgesamt 1.656 km die für eine Entschädigung von 400,- Euro nötigen 1.500 km Flugstrecke erreicht worden waren. Unmittelbar zwischen Rom und Hamburg liegen hingegen lediglich 1.326 km, was eine Entschädigung von nur 250,- Euro pro Fluggast rechtfertigt.
EuGH stellt auf Distanz zwischen Start und Endziel ab – Entscheidung zugunsten der Fluggesellschaft
Das mit dem Rechtsstreit befasste Amtsgericht Hamburg legte die Frage zur Art der Berechnung der Flugstrecken gemäß der Fluggastrechte-VO dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren vor, welche dieser nun zugunsten der Fluggesellschaft beantwortete.
Die Richter des höchsten europäischen Gerichts führten dazu aus, dass die den Fluggästen durch eine Verspätung entstandenen Unannehmlichkeiten nicht dadurch verschlimmert werden würden, dass bestimmte Fluggäste ihr Endziel nicht mittels eines Direktflugs, sondern vielmehr mit einem Flug mit Anschlussflügen erreichen. Dass sich in diesem Fall die zurückgelegte Strecke tatsächlich verlängere, vergrößere für sich genommen nicht das Ausmaß dieser Unannehmlichkeiten gegenüber denjenigen, die den Fluggästen eines Direktflugs entständen. Folglich sei eine Gleichbehandlung zwischen den Fluggästen eines Direktfluges mit Verspätung und denen eines Fluges mit mehreren Teilstrecken mit Verspätung geboten. Daraus ergebe sich, dass bei der Berechnung der Entfernung unabhängig von der tatsächlich zurückgelegten Flugstrecke ausschließlich auf die Distanz zwischen dem Ort des Abflugs und dem Ort des Endziels abzustellen sei.
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