Die Arbeiterwohlfahrt Bezirk Westliches Westfalen e.V (AWO) ist vor dem Landesarbeitsgericht Hamm in zweiter Instanz mit der außerordentlichen Kündigung einer Betriebsrätin gescheitert. Das Gericht sah den erforderlichen Verdacht einer gravierenden Pflichtwidrigkeit als nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit begründet an (LAG Hamm, Entscheidung v. 30.08.2016, Az.: 7 TaBV 45/16).
Streit um geschmacklose Trauerkarte
Dem Rechtsstreit voraus gegangen war eine Trauerkarte. Diese war mit dem handschriftlichen Zusatz „Für dich (bist die nächste)“ in das Dienstpostfach einer Mitarbeiterin gelegt worden, welche daraufhin wenig später ihr Arbeitsverhältnis beendete. In den Verdacht, die Trauerkarte eingeworfen zu haben, geriet eine seit rund 20 Jahren in dem Wohlfahrtsverein beschäftigte Betriebsrätin. Sie erhielt daraufhin eine außerordentliche Kündigung. Die Frau bestritt allerdings, etwas mit der Sache zu tun zu haben.
Weitreichender Kündigungsschutz
Gemäß § 626 BGB darf ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aus wichtigem Grund eine außerordentliche, das heißt fristlose Kündigung aussprechen. Ein solcher Grund darf allerdings nicht willkürlich gewählt werden. Vielmehr müssen schon außergewöhnliche, grobe Verfehlungen des Arbeitnehmers vorliegen um eine solche Kündigung zu rechtfertigen. Zudem muss sie schriftlich und innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes erteilt werden. Neben diesen generell engen Voraussetzungen muss bei Betriebsratsmitgliedern zusätzlich beachtet werden, dass diesen grundsätzlich nur mit Zustimmung des Betriebsrates gekündigt werden darf. Die Zustimmung des Betriebsrates kann allerdings auch gerichtlich eingeklagt werden. Da der Betriebsrat im vorliegenden Fall seine Zustimmung verweigerte, reichte der Wohlfahrtsverein den sogenannten Zustimmungsersetzungsantrag bei Gericht ein.
Gericht setzt enge Voraussetzungen für Verdachtskündigung
Das Landesarbeitsgericht Hamm wies den Antrag des Vereins ab. Eine Verdachtskündigung komme nur in Betracht, wenn aufgrund objektiver Tatsachen der dringende Verdacht einer gravierenden Pflichtwidrigkeit des Arbeitnehmers bestehen würde. Vorliegend könne aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Frau die Trauerkarte tatsächlich eingeworfen hätte. Zwar hatte ein für den Prozess von der Klägerseite bestellter Sachverständiger für Schriftproben eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ dafür festgestellt, dass die Frau den Zusatz geschrieben habe. Er vermochte allerdings keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ oder „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“ der Übereinstimmung festzustellen. Dies genügte – nach Ansicht des Gerichts – nicht den hohen Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers. Der Zustimmungsersetzungsantrag wurde somit abgelehnt, weshalb der Wohlfahrtsverein der Frau als Angehörige des Betriebsrates nicht kündigen kann.
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