Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Beschluss v. 03.05.2016, Az. 4 Ws 103/16) hat entschieden, dass eine Fristversäumnis, die durch unverschuldeten Verlust des Briefkastenschlüssels verursacht wurde dennoch als verschuldet angesehen wird, wenn der Betroffene keine Anstrengungen unternimmt, um sich einen zeitnahen Zugang zu seinem Briefkasten zu verschaffen.

Dem Beschluss des Oberlandesgerichts liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: bei dem Betroffenen handelte es sich um einen 24-jährigen Mann aus Bad Driburg, der vom Amtsgericht Brakel in erster Instanz und vom Landgericht Paderborn in zweiter Instanz im Oktober 2014 zu einer Haftstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Die Strafe wurde für das Begehen einer schweren Körperverletzung ausgesprochen. In der Bewährungszeit, die 3 Jahre dauern sollte, verstieß der Betroffene gegen strafrechtliche Verbote, indem er Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, unerlaubt besaß und mit diesen auch unerlaubt Handel betrieb. Aufgrund dieser Handlungen wurde der Betroffene durch das Amtsgericht Höxter zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Dieses Mal sollte die Strafe allerdings nicht auf Bewährung vollstreckt werden.

Nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Höxter widerrief das Amtsgericht Brakel die im Oktober 2014 ausgesprochene Bewährung. Dieser Widerrufsbeschluss wurde dem Betroffenen per Einschreiben zugestellt. Für die Einlegung einer sofortigen Beschwerde ist gemäß § 311 Abs. 2 der Strafprozessordnung die Frist von einer Woche einzuhalten. Diese einwöchige Frist versäumte der Betroffene allerdings und legte die sofortige Beschwerde somit nicht fristgerecht ein. Der Betroffene entschuldigte die Fristversäumnis damit, dass seine Ehefrau, die den einzigen vorhandenen Briefkastenschlüssel besitzt, ihn aufgrund eines Streits verlassen habe und erst nach Fristablauf zurückgekehrt sei. Aus diesem Grund habe der Betroffene keine Möglichkeit gehabt an den Inhalt seines Briefkastens zu kommen. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde dennoch ab. Das Gericht war der Ansicht, dass die Fristversäumnis – trotz den vom Betroffenen dargelegten Umständen – schuldhaft erfolgt sei. Gegen diesen Beschluss des Landgerichts legte der Betroffene wiederrum eine sofortige Beschwerde ein, die in diesem Fall aber fristgerecht einging.

Das Oberlandesgericht Hamm hatte somit zu entscheiden, ob die Fristversäumnis tatsächlich verschuldet war oder ob die Sache eventuell in den vorherigen Stand einzusetzen und die sofortige Beschwerde somit zu berücksichtigen sei. Das Oberlandesgericht erklärte, dass der Betroffene zwar glaubhaft gemacht habe, dass er keinen Zugang zum Briefkasten gehabt habe, da seine Ehefrau im Besitz des einzigen Briefkastenschlüssels war und dem Betroffenen somit für ca. 11 Tage kein Zugang zum Briefkasten möglich gewesen ist. Allerdings sei die Tatsache, dass der Verlust des Briefkastenschlüssels unverschuldet ist nicht gleichzusetzen mit der Schlussfolgerung, dass auch die Fristversäumnis unverschuldet sei. Es sei nämlich die Pflicht des Betroffenen die Fristversäumnis dadurch zu umgehen, indem er sofortige Anstrengungen unternimmt, um an den Inhalt des Briefkastens zu kommen. Es sei aber nicht ersichtlich, dass der Betroffene irgendwelche Schritte dahingehend gemacht habe, um sich den Zugang zum Briefkasten zu verschaffen. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass der Betroffene Kontakt zu seiner Ehefrau aufgenommen habe um sie um Übergabe des Schlüssels zu bitten. Es wurde auch kein Versuch unternommen einen Schlüsseldienst zu beauftragen, der dem Betroffenen sofortigen Zugang zum Briefkasten ermöglicht hätte. Es seien somit Möglichkeiten nicht ausgeschöpft worden, die für die Fristwahrung ausschlaggebend gewesen wären.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt wie wichtig es ist gesetzliche Fristen bei der Einlegung von Rechtsmitteln oder Rechtsbehelfen einzuhalten. Insbesondere bei Fristen, innerhalb derer eine gerichtliche Entscheidung angefochten werden kann, sollten ernst genommen werden, da nach Fristablauf die Entscheidung rechtskräftig und somit unanfechtbar wird. Um solche nachteiligen Konsequenzen zu meiden, sollte stets auf die Fristwahrung geachtet werden.

Gerne helfen wir Ihnen bei allen Fragen bezüglich der Einhaltung von Fristen. Wir unternehmen auch gerne stellvertretend für Sie alle Handlungen, die im Zusammenhang mit den Ihnen gesetzten Fristen erforderlich sind. Sprechen Sie uns an!

 

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