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Bei Rücktritt von einem Reisevertrag aufgrund einer potenziellen Terrorgefahr sowie der Gefahr einer länderübergreifenden Verbreitung der Krankheit Ebola, kann der Reiseveranstalter eine Stornogebühr berechnen. Rücktritt wegen höherer Gewalt ist in solchen Fällen nicht möglich. Auch haben Reiseveranstalter keine Aufklärungspflicht zur gesamtpolitischen Lage der Reiseziele, da ihnen eine diesbezügliche Kompetenz fehlt. Dies hat das Amtsgericht München in einem Urteil (AG München, Urt. v. 12.08.2015, Az. 231 C 9637/15) entschieden.

In dem, dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt handelte es sich um ein Ehepaar, das eine Rundreise im Zeitraum vom 15.04.2015 bis 22.04.2015 mit den Zielen Rabat, Marrakesch und Casablanca gebucht hatte. Allerdings erklärte das Paar am 17.11.2014 den Rücktritt von dem mit dem Reiseveranstalter geschlossenen Reisevertrag. Zur Begründung gab das Ehepaar an, dass sich die politische Lage seit dem Juni des Jahres 2014 bis zum November desselben Jahres dermaßen zugespitzt habe, dass dieser Umstand eine höhere Gewalt darstelle, die sie zu einem Rücktritt – ohne Zahlung einer Stornogebühr – berechtige. Hinzu käme die drohende Gefahr, dass die Krankheit Ebola auch auf Marokko übergreife, sodass eine Reise in diese Regionen für das Ehepaar unzumutbar sei. Weiterhin trug das Ehepaar vor, dass der Reiseveranstalter seine Aufklärungspflicht verletzt habe, da er das Paar nicht von den drohenden Gefahren einer solchen Reise informiert habe. Der Reiseveranstalter aber berechnete eine Stornogebühr in Höhe von 20% des Reisepreises, da er die potenzielle Gefahr von Terrorattacken sowie die Gefahr der Ebolaverbreitung nicht als höhere Gewalt ansah.

Daraufhin erhob das Ehepaar Klage vor dem Amtsgericht München mit dem Ziel, die Stornogebühr zurück zu erhalten.

Das Gericht führte aus, dass die allgemeine Gefahr der Terrorattacken bereits seit dem arabischen Frühling im Jahr 2011 bestanden habe. Die diesbezüglichen Entwicklungen und Verschärfungen der Situation seien stets über Rundfunk und Fernsehen verfolgbar, sodass die Begründung, dass sich das Ehepaar der zugespitzten Lage erst jetzt bewusst geworden ist, nicht annehmbar sei. Unter dem Begriff der höheren Gewalt verstehe das Gericht lediglich Ereignisse, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Reiseveranstalter stehen, wie beispielsweise Naturkatastrophen. Das Gericht betonte, dass davon das allgemeine Lebensrisiko abzugrenzen sei, zu dem auch solche politischen Anspannungen und Krisen gehören, insbesondere wenn diese seit längerer Zeit bestehen. Die abstrakte Gefahr der Terrorattacken gehört somit zum allgemeinen Lebensrisiko. Das Vortragen der Kläger sah das Gericht als zu pauschal an. Eine konkrete Gefahr könne nicht angenommen werden. Diese sei aber notwendig, um den Anspruch der Kläger zu begründen. Das Gericht stimmte zwar dem Vortrag der Kläger zu, dass sich die Sicherheitslage – bedingt durch den IS-Terror – verschlechtert habe. Jedoch gelte dies nicht nur für Marokko, sondern für zahlreiche weitere Länder, sowie auch für Europa. Aus diesem Grund scheide ebenfalls ein Anspruch auf Erstattung der Stornogebühr aus.

Zum Vortrag der Kläger es bestehe eine Gefahr der Verbreitung von Ebola, erklärte das Gericht, dass die Epidemie bereits Anfang 2014 ausbrach. Eine wesentliche Verschlechterung der Situation sei zum November 2014 nicht zu sehen. Die Gefahr der weiteren Ausbreitung der Krankheit bestand bereits zum Zeitpunkt der Buchung der Reise, weshalb die Argumentation der Kläger wohl leerliefe.

Eine Verletzung der Aufklärungspflicht seitens des Reiseveranstalters sah das Gericht darüber hinaus auch nicht. Der Reiseveranstalter habe keine Möglichkeit zu beurteilen, wie konkret sich die politische Lage und der Sicherheitsstand in bestimmten Ländern entwickeln. Hierfür gebe es zuständige staatliche Stellen (z.B. das Auswärtige Amt), die eine genaue und kompetente Auskunft erteilen können.

Aus der oben beschriebenen Argumentation des Amtsgerichts München resultierte die Klageabweisung. Die Kläger haben somit keinen Anspruch auf Erstattung der Stornogebühr, da eine höhere Gewalt ausgeschlossen werden konnte.

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