Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil (OLG Köln Urt. v. 23.10.2016, Az. 6 U 34/15) zur Panoramafreiheit entschieden, dass das Fotografieren und Veröffentlichen eines der Allgemeinheit zugänglichen Werks (AIDA-Kussmund) gem. § 59 Abs. 1 S. 1 Urhebergesetz (UrhG) zulässig ist. Folglich kann der Urheber keine Ansprüche einer Urheberrechtsverletzung geltend machen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: bei der Klägerin handelte es sich um eine Veranstalterin von Kreuzfahrten, deren Schiffe mit einer bestimmten Ausgestaltung dekoriert sind. Die Ausgestaltung setzt sich zusammen aus einem Mund, der auf dem Bug des Schiffs angebracht ist und aus Augen sowie Augenbrauen, die an den Bordwänden abgebildet sind. Folglich handelt es sich um die charakteristische Ausgestaltung der AIDA-Kreuzfahrtschiffe. Der Künstler, der dieses Motiv entworfen hatte, übertrug der Klägerin das uneingeschränkte und ausschließliche Recht an der Verwendung, Veränderung und Vervielfältigung dieses Werks. Bei dem Beklagten handelte es sich um den Betreiber einer Internetseite, auf der Kreuzfahrtausflüge angeboten wurden. Auf dieser Seite veröffentlichte der Beklagte ein Foto der Seitenansicht eines AIDA-Schiffes, das der Klägerin gehörte und das die oben genannte Ausgestaltung aufwies. Durch diese Aktion fühlte sich die Klägerin in ihren Rechten an dem Werk verletzt und erhob Klage vor dem Landgericht Köln.
Das Landgericht (LG Köln Urt. v. 04.03.2016, Az. 28 O 554/12) verurteilte den Beklagten jedoch nur insoweit, es zu unterlassen, Reisedienstleistungen anzubieten, ohne alle Angaben der Dienstleister auf seiner Internetseite aufzuführen (vereinfachte Darstellung des Tenors). Somit wurde lediglich einem der Anträge der Klägerin stattgegeben und die Klage wurde im Übrigen abgewiesen.
Unter anderem hatte die Klägerin ursprünglich das Unterlassen der öffentlichen Zugänglichmachung des AIDA-Kussmundes beantragt. Außerdem erstreckte sich die Klage darauf von dem Beklagten eine Auskunft darüber zu erhalten in welchem Zeitraum das Werk verwendet wurde und welcher Umsatz durch die Verwendung erzielt werden konnte. Diesen Anträgen gab das Landgericht jedoch nicht statt, da es die Schrankenbestimmung des § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG als einschlägig sah. Daraufhin legte die Klägerin Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln ein und verfolgte ihr Klagebegehren weiter.
Das Oberlandesgericht Köln führte aus, dass der Beklagte durch das Einstellen und Veröffentlichen des Fotos, auf dem das AIDA-Schiff samt Kussmund der Klägerin abgebildet war, grundsätzlich in die Rechte der Klägerin an dem auf dem Schiff abgebildeten Werk eingegriffen hatte. Allerdings sah es, wie die Vorinstanz zuvor auch, die Norm des § 59 Abs.1 S. 1 UrhG als einschlägig.

Nach dieser Norm ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden unter anderem durch Lichtbild zu vervielfältigen, zu verbreiten und wiederzugeben (sog. Panoramafreiheit).

Das Gericht erklärte in diesem Zusammenhang, dass Werke, die in der Öffentlichkeit aufgestellt werden, eine an die Allgemeinheit gerichtete Widmung darstellen und dass gerade dadurch bezweckt würde, dass diese Werke von jedermann betrachtet werden könnten. Es sei wichtig das allgemeine Interesse an der Freiheit des Straßenbildes zu schützen und somit jedermann die Freiheit zu gewähren öffentliche Plätze u.a. abzulichten oder zu zeichnen ohne die Angst haben zu müssen urheberrechtliche Verletzungen begangen zu haben. Zur Anwendung des § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG führte das Gericht aus, dass ausschlaggeben sei, dass das Werk sich „bleibend“ im öffentlichen Raum befinde. Bleibend sei aber nicht mit dem Begriff der Ortsfestigkeit gleichzustellen. Immer mehr seien Fahrzeuge als Werbe- oder Kunstträger zu beobachten, die trotz ihrer Mobilität als „bleibend“ im Sinne der oben genannten Norm einzustufen sind. Es ginge darum, dass das Werk dauerhaft im öffentlichen Raum und nicht immer an derselben Stelle bliebe. Es sei zu beachten, dass die Freiheit der Wiedergabe des öffentlichen Raumes stark eingeschränkt wäre, wenn stets darauf geachtet werden müsste, dass ein bestimmtes werbe- oder kunsttragendes Fahrzeug nicht ins Bild gelange. Diese Ausführungen übertrug das Oberlandesgericht ebenfalls auf die AIDA-Schiffe, die den Fahrzeugen in diesem Zusammenhang gleichzustellen seien. Die Tatsache, dass Schiffe zeitweise – beispielsweise nachts – an nicht zugänglichen Orten stehen würden, spreche nicht gegen die Anwendung der Norm des § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG. Auch der Umstand, dass diese Norm von „Wegen, Straßen und Plätzen“ spricht, steht der Anwendung nicht entgegen, da der Zweck der Norm das Ausdehnen auf Wasserstraßen rechtfertigt. Diese seien schließlich ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich. Das Gericht erklärte, dass die AIDA-Verzierung von der Klägerin dauerhaft auf ihre Schiffe geschaffen wurde und es hätte von Anfang an einleuchten müssen, dass die Gestaltung dazu bestimmt war im öffentlichen Raum eingesetzt zu werden. Aus diesem Grund könne die Klägerin sich nicht auf etwaige Urheberrechtsverletzungen berufen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mit dem Abbilden eines Werkes, das der Allgemeinheit zugänglich ist, keine Urheberrechtsverletzung begründet werden kann, da ansonsten die Freiheit der Wiedergabe des öffentlichen Raumes und das allgemeine Interesse an dieser Freiheit erheblich eingeschränkt werde würden. Im Wege dieser Argumentation wies das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurück.

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